Newsletter März 2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In den letzten Tagen hat sich aus unserer Sicht einiges an berichtenswerten Neuigkeiten angesammelt, deshalb folgt dem Februar-Newsletter gleich ein März-Newsletter..
A) Bericht von der online-Sitzung des AK Medizin des Fachverbandes Strahlenschutz am 9.3.2023
Wie in unserem Februar-Newsletter angekündigt, veranstaltete des AK Med des Fachverbandes Strahlenschutz (www.fs-ev.org) am Donnerstag, den 09.03.2023 eine frei zugängliche online-Sitzung, deren Inhalte hier von unserem Vorstandsmitglied Martina Dünkelmeyer zusammengefasst werden.
Der Leitvortrag widmete sich den aktuellen deutschen DRW (Diagnostischen Referenzwerte) und deren Auswirkungen auf die klinische Praxis. Der Vortrag wurde gehalten von Joel Piechotka, Medizinphysik-Experte des Bundeswehr Zentralkrankenhaus Koblenz.
Etwa 50 % der jährlichen Strahlenexpositionen in Deutschland werden durch medizinische Expositionen verursacht. Das sind ca. 2 mSv pro Einwohner, pro Jahr.
2/3 davon resultieren aus CT-Untersuchungen, 1/5 aus Angiographie und sonstigen Interventionen. Eine stetige Zunahme der Kollektivdosis ist zu beobachten.
Deshalb fordert die europäische – auf der ICRP-Publikation 105 basierende – Strahlenschutzgesetzgebung eine Begrenzung der Expositionen in der medizinischen Diagnostik.
Dies ist mit der Festlegung der DRW für häufige und/oder dosisintensive Strahlenanwendungen geschehen.
Die ICRP-Publikation 105 beschreibt die DRW als eine messbare Größe, die dazu dient, Situationen zu erkennen, in denen die Patient:innen-Dosis für die vorgesehene Maßnahme zu hoch ist.
DRWs sind als 75%-Perzentil des Median einer repräsentativen Auswahl definiert. Sie stellen keinen Grenzwert dar und sollen gerne unterschritten oder dürfen begründet überschritten werden.
Das Bundesamt für Strahlenschutz ermittelte, erstellte und veröffentlichte am 15.06.21 neue diagnostische DRWs für die Nuklearmedizin, sowie am 17.11.22 (nach 2016) neue DRW für die Röntgendiagnostik.
Von den neu festgelegten DRWs, mit neu implementierten Untersuchungen, erwartet man sich eine Dosisreduktion von ca. 10-25%! Die größte Reduktion zeigte sich bei der PTA Becken, mit 44 %.
Erstmals wurden DRWs für elektrophysiologiesche Untersuchungen (EPU), die Brusttomosynthese, sowie DRWs für die DVT der NNH, der Zähne und des Kiefers, festgelegt.
Die wichtigste Neuerung gibt es bei den DRWs für den CT.
Hier wurde der anatomische Scanbereich (Scanlänge in cm) und das CTDIvol (mGy) als Richtwert, ident zur Leitlinie der Bundesärztekammer, implementiert. Hingegen entfäll das bisher sehr gebräuchliche DLP (Dosis-Längenprodukt).
Die Scanlänge entspricht dem jeweiligen Körperbereich für eine Referenzperson (gemittelt über beide Geschlechter). Zur vollständigen Angabe der Strahlenexposition einer CT-Untersuchung gehört auch die Angabe des Prüfkörpers, auf den sich der Wert des CTDIvol bezieht.
Einzelscans der jeweiligen Körperregionen sind anzustreben.
Bei kombinierten CT-Scans (Schockraum) von mehreren Körperregionen ist der CTDIvol für den Körperbereich mit dem höchsten DRW heran zu ziehen.
Es stellt sich die Frage, warum das DLP als Richtgröße rausgefallen ist? Nicht alle Teilnehmer:innen der Sitzung waren damit einverstanden.
Der CTDIvol skaliert mit der Dicke der Patient:innen (Dosis/Schicht), die Scanlänge mit der Größe/Länge der Patient:innen. Es sei nun nicht mehr möglich, einen Sicherheitsbereich beim Topogramm einzugeben ohne sofort über dem DRW zu liegen.
Die Scanlänge ist schwer im Dosisdokumentationssystem zu dokumentieren. Die Interpretierbarkeit ist nicht gegeben. Auch Kollimationen sind nicht sichtbar, sagen die Skeptiker.
Auf dem Gebiet der Radiographie wurde der DRW für Thorax p.a wurden von 15 cGycm² auf 12 cGycm² (Reduktion um 20 %) hinunter korrigiert.
Hinzugenommen wurde ein DRW für Thorax a.p., also für Bettröntgen, von 15 cGycm².
Der DRW von c/p lateral beträgt übrigens 40 cGycm² (in Österreich 50 cGycm²).
Schädel a.p/p.a und lateral wurde gestrichen, da obsolet.
In der Pädiatrie wurde die Gruppe der „späten Kindheit“, mit 10-15 Jahren, oder 32-56 kg hinzugefügt.
Schädel, Gehirnschädel und Thorax lateral wurden gestrichen, da nicht mehr indiziert.
In der Angiografie gestaltet sich die Implementierung der DRWs schwierig, da oft die Untersuchung und Behandlung komplexer Fälle individuell gestaltet werden müssen. Auch die Dosisdokumentation ist hier eher schwierig, wenn die Strahlungsereignisse differenziert abgebildet werden sollen.
Im September 2022 wurde eine Leitlinie der Bundesärztekammer für die Röntgendiagnostik mit Vorgaben zur Dosis und Bildqualität und Anwendungen zur Dosismodulation herausgegeben. Im Dezember erschien diese Leitlinie auch im Bundesärzteblatt – wir haben darüber in unserem letzten Februar-Newsletter berichtet.
Bei all diesen Neuerungen sei der Aufwand der Medizinphysiker nicht zu unterschätzen.
Die Umstellung der Dosisdokumentationssysteme ist zeitintensiv und schwierig.
Die Optimierung sollte an jedem einzelnen Gerät erfolgen, zusammen und subjektiv mit den Physiker:innen, Untersucher:innen oder Befunder:innen und dem RT-Personal.
Weitere Themen dieser online-Sitzung waren u.a. die neuen Empfehlungen zur (Nicht-)Verwendung von Strahlenschutzmitteln, zu welcher der FS AK Med Informationen für Anwender:innen und Patient:innen herausgeben wird.
N.B.: Ähnliches ist auf Initiative der ÖGMP (Österr. Gesellschaft für Medizinphysik) auch in Österreich in Ausarbeitung, der VMSÖ ist in die Ertellung dieser Informationen eingebunden.
In dieser Sitzung wurde auf eine Übersichtsarbeit mit dem Thema „Strahlenexposition in der
Computertomografie“, erschienen im Deutschen Ärzteblatt hingewiesen. Autorin ist Denise Bos, Preisträgerin des Holeczke-YIA des VMSÖ 2022.
B) Thema: Ermächtigte Ärzte
Aus dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erreicht uns folgende E-Mail:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der VMSÖ verfügt über eine Anerkennung für die Ausbildung von ermächtigten Ärzt:innen.
Ärzt:innen, die eine anerkannte Ausbildung wie Ihre absolviert haben, wissen oftmals nicht, wie sie zu einer Ermächtigung kommen und welche Unterlagen dafür benötigt werden.
Für solche Fälle haben wir eine kurze Information zusammengestellt, die auch in Kürze auf unserer Homepage veröffentlicht wird. Sie finden diese im Anhang zu Ihrer Information und ggf weiteren Verwendung. Die Kontaktadressen können selbstverständlich auch für die Meldung einer Fortbildung verwendet werden.
Eine Ermächtigung gemäß § 127 Abs. 1 Strahlenschutzgesetz 2020 ist beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), Abteilung VII/A/2, zu beantragen.
Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizulegen:
- Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer anerkannten Ausbildung für ermächtigte Ärzt:innen,
- ius practicandi bzw. Facharztdiplom:
Zudem ist es notwendig, eine Adresse für die Zustellung des Bescheides bekanntzugeben. Diese Adresse wird auf der Homepage des BMSGPK veröffentlicht.
Für die Ermächtigung fallen Kosten in Höhe von etwa 140 Euro an.
Kontaktdaten für die Antragstellung und weitere Fragen:
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Postadresse: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Abteilung VII/A/2, Stubenring 1, 1010 Wien.
Anmerkung:
Aktuell bietet der VMSÖ keine Ausbildungskurse für Ermächtihgte Ärzte an. Der nächste diesbezügliche Kurs wird voraussichtlich in Kooperation mit der Sebersdorf Academy angeboten werden.
C) MRT-Sicherheitskurse bzw. – fortbildungen des VMSÖ:
MR-Refresher Kurs als Präsenzveranstaltung in Wien am 20. September 2023;
Kurs zum MR-Sicherheitsbeauftragten als Präsenzveranstaltung in Wien 20. - 21. November 2023
Details hier unter Strahlenschutzkurse sowie unter www.mr-sicherheit.at
D) 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik in Magdeburg, 27.-30.09.2023: die Abstract-deadline läuft bis 31.3.2023. Weitere Details unter dgmp-kongress.de
E) Last not least möchten wir auf eine Tagung aufmerksam machen, welche von unseren Vorstandsmitgliedern Azadeh Hojreh und Gerald Pärtan organisiert wird, gemeinsam mit OÄ Birgit Bock aus der Klinik Wien Favoriten:
Die 60. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie, 14.-16.September 2023 in Wien. Kinderradiologie ist berechtigter Weise sehr eng mit dem Strahlenschutz verzahnt, und insbesondere am Freitag, den 15.09. ist der Strahlenschutz im Zentrum der Vorträge. Details unter www.gpr2023.org
Mit herzlichen Grüßen,
Elke Dimou, Redakteurin Newsletter
Gerald Pärtan, Präsident